· 

Weine, klage, schreie - es ist das Pflaster für deine Seele

Erinnerst du dich an deinen ersten Liebeskummer? Als deine Freundinnen mit Schokoladeneis vorbeikamen, mit dir über deinen Ex herzogen und dir versicherten, dass alles wieder gut wird und du einen viel besseren Mann verdienst?

 

Ich habe jeweils FRIENDS geschaut, die Sitcom aus den 90ern. Am Ende hatten wir dasselbe Ziel: Ablenkung. Das ist es, was wir lernen, wenn wir mit Schmerzen konfrontiert werden – ob physischen oder psychischen.

Beiss die Zähne zusammen

Wenn du dich als Kind hinlegst, hörst du umgehend, dass es nicht so schlimm ist. Und wenn es nicht so schlimm ist, kannst du ja nicht einfach weiterweinen. Wir sind schliesslich hart im Nehmen. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Und so gehen wir durchs Leben, vortäuschend, dass alles in Ordnung ist.

 

Doch wie willst du jemals heilen, wenn du ständig vorgibst, dass du nicht verletzt bist?

 

Hätte mir als Teenager jemand gesagt, dass es eine Stärke ist, meine Gefühle anzuerkennen und zuzugeben, dass ich verletzt bin, hätte ich ihm ins Gesicht gelacht. Schliesslich hatte ich mir die kühle Fassade mühsam erarbeitet. Ich wusste, ich komme mit allem klar. Egal was mir das Leben ins Gesicht wirft, mich haut nichts um. Ich bin stark. Dachte ich.

 

Bis es mich umgehauen hat. So sehr, dass ich erstmal liegenblieb. Am Ende war es das Ehrlichste, was mir passieren konnte. Denn unsere Wunden verschwinden nicht einfach auf magische Weise, nur weil wir sie ignorieren und uns betäuben. Sie bluten so lange weiter, bis wir den Mut haben, sie zu heilen.

Schau dem Schmerz ins Gesicht – und er ist nicht mehr so schlimm

 

Daraus folgt die Erkenntnis, dass wir unsere Verletzungen erst heilen können, wenn wir anerkennen, dass sie da sind. Hast du das schon einmal bewusst getan? Anerkannt, dass dein Herz blutet, dass du tief verletzt bist von all der Ablehnung, die du in deinem Leben erfahren hast? Nicht verächtlich, sondern mit tiefem Mitgefühl dir selbst gegenüber.

 

Im ersten Moment hört sich das qualvoll an und ich gebe zu, es ist kein Pappenstiel. Was wir dabei nicht verstehen, ist, dass wir unsere Realität nur stärken, wenn wir sie verleugnen. Wir intensivieren den Schmerz, den wir verzweifelt zu vermeiden versuchen, und erzeugen dadurch umso mehr Leid. Es gibt einen Grund für die buddhistische Formel: «Schmerz x Widerstand = Leiden».

 

Jahrelange Konditionierung hat uns gelehrt, Gefühle zu vermeiden. Uns ihnen nun zuzuwenden, sie wahrzunehmen, sie zu erlauben und am Ende zu heilen, geschieht nicht im Handumdrehen. Dieser Prozess benötigt Zeit, Geduld, Selbstliebe und Achtsamkeit.

 

Doch es ist ein Prozess, der sich mehr als lohnt. Denn unsere wahre Stärke liegt in unserer Verletzlichkeit. Sie ermöglicht es uns, die Fülle unserer menschlichen Existenz zu erfahren. Und Schmerz gehört dazu.

 

Weshalb beginnen wir also nicht mit dem ersten Schritt. Zuzugeben, dass wir verletzt sind.

 

Herzlichst, Nadine

 

Momentan entsteht mein nächstes Buch zum Thema mentale Gesundheit. Wenn du über den Schreibprozess und die Veröffentlichung auf dem Laufenden bleiben möchtest, trage dich gerne in meinen Newsletter ein.

 

Alle meine Bücher findest du auf Amazon: Deinem Herzen folgen in Roman- und Inspirations-Form